Anett Frontzek -- Finissage in der Galerie
B
Fotografische und graphische Souvenirs von Spaziergängen
in Frankfurt und Slubice werden in der Galerie B gezeigt. Anett
Frontzek aus Kassel, Stipendiatin des hochdotierten Deutschen
Künstlerfonds, gehört zu
jener Art Künstlern, die es dem Betrachter zwar leicht,
aber dennoch nicht einfach machen. Leicht, weil sich alle in
Frankfurt entstandenen Arbeiten für
jeden schnell erkennbar und eindeutig auf Frankfurt selbst beziehen.
Die Künstlerin
weist den Betrachter auch ausdrücklich darauf hin, indem
sie die Fotos ihrer Frankfurter Bezugspunkte zum Vergleich beigibt.
Das macht die Ausstellung natürlich für den ortskundigen
Frankfurter besonders interessant, indem er sich fragt, wo entstand
welches Foto, welches Motiv reizte die Künstlerin
und wurde Ausgangspunkt ihrer gestalterischen "Reduktionsarbeit".
Und weshalb gerade dieses Motiv
in dieser speziellen Art der Umsetzung?
Denn die entstandenen Arbeiten - sehr exakte, konstruktivistisch
anmutende, minimalistisch erscheinende Papierschnitte - sind
ja nicht einfach nur Wiedergaben bestimmter Orte und Räume,
sondern haben ganz unabhängig davon einen ganz selbständigen
Kunstcharakter als bestimmte Struktur oder bestimmtes Zeichen,
worüber man sich Gedanken machen kann. Nicht die Nachahmung
oder das Abbildhafte, sondern die zeichenhafte Struktur im Spiel
ihrer Varianten hat eigentlich erst mit der Stadt als solcher
etwas zu tun. Jedoch inwiefern? Die Antwort fällt dem Betrachter über
das bloße Wiedererkennen
hinaus nicht leicht, alle persönlichen Zugänge zu den
Arbeiten werden aber dadurch besonders reizvoll. Wichtig scheint
auch, dass nicht die einzelne Arbeit, sondern ihre Gesamtheit
als Werkgruppe den ästhetischen Wert ausmacht.
Der gotische Giebel der Konzerthalle und die Fenster der Friedenskirche
vor allem fallen sofort auf. Der Stahlwerker vor dem Lichtspieltheater
der Jugend findet sich, eine nun schon 50 Jahre alte Skulptur
aus der Stalinallee-Ära, allerdings nun im Zuge der Verschönerungsarbeiten
mit einer zufälligen Krawatte aus Absperrband versehen.
Absperrungen werden auch in Neuberesinchen registriert, Balkons
am Bahnhofsberg bemerkt. Die Kaufhalle am Poetensteig, das Samenhaus
Briese, die katholische Kirche, Schiffahrtszeichen an der Oder,
Geländer und
Rampen am Spielplatz auf dem Anger...Anett Frontzek hat sich
die Stadt zuerst im Februar und jetzt im Juni "en passant,
so heißt
ihre Ausstellung, ausgiebig und durchaus nicht beiläufig
erobert.
Als sie zu Monatsbeginn auf Einladung des Leiters der Galerie
B, Winfried Bellgardt, nach Frankfurt kam, war gerade das Galeriefahrrad
platt, aber der gute Geist des Kunstvereins Jan Rudow stellte
schnell die ihr so unerlässliche Mobilität wieder her.
Annett Frontzek sagt, sie genieße
neben der beeindruckenden Landschaft und den vielfältigen
kulturellen Möglichkeiten
der Stadt, die sie während ihres Aufenthaltes gar nicht
alle wahrnehmen kann, vor allem auch die sozialen Kontakte, die
ihr das Aufenthaltsstipendium ermöglicht.
Ist sie vielleicht etwas traurig darüber, dass sie den Beginn
der DOCUMENTA 12 in ihrer Heimatstadt Kassel nicht miterleben
kann. Macht nichts, sagt sie, natürlich bietet diese wichtigste
Ausstellung aktueller Kunst aus aller Welt eine unersetzbare
Möglichkeit für Informationen und Gespräche,
aber von den 100 Ausstellungstagen bleiben ihr ja noch über
80.
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