Regine Spangenthal
in Frankfurt(Oder)
Nach den Aufgeregtheiten darüber, ob das Projekt überhaupt
weitergeführt werden kann, zeigt die Frankfurter Galerie
jetzt wieder Kunst. Regine Spangenthal, vital und kommunikativ,
benutzt bei ihren Bildserien Foto- oder TVsequenzen als Vorlagen.
Nach ihrem Münchener
Studium hat sie sich lange mit dem künstlerischen Tanz und
seiner filmischen Umsetzung beschäftigt.
Schwenk und Fokusveränderungen als Möglichkeiten, Mehrfaches
zugleich zu sehen, faszinierten sie. Seitdem bestimmen die Themen
Zeit und Raum ihre Malerei. Ihre Ausstellung nennt sie mit Hintersinn "zwischenzeitlich.
Dabei zielt sie weniger auf Abläufe als auf Modulationen.
Mit ihrer ausgesprochen malerischen Modulation fleckhafter Farbflächen
steht sie in der Tradition etwa von Rubens, Velazquez, oder aber
Cezanne zu Beginn der Moderne. Scheinbar absichtslos, fast belanglos
hingesetzte Farbmodulationen ergeben eigenartige sowohl faszinierende
wie auch irritierende Farbräume. Der Betrachter,
der sich im wörtlichen
Sinne zwischen - zeitlich zwischen Bildern bewegt - wird angeregt,
zu prüfen, was er zu sehen meint und was er sich selbst
zwischen den Bildern im einzelnen Bild im Kopf konstruiert. Farbflecken
finden sich entweder in distanzierender Einheit oder irritierender
Vielfalt einer letztlich nicht fassbaren gegenständlichen
Ganzheit zusammen. Das erinnert etwa an das Betrachten eines
hängenden Mobiles.
Regine Spangenthal fürchtet zu frühe Verfestigungen,
geht jedoch nie willkürlich mit den Vorlagen um. Elemente
des Dokumentarischen von Bild, Film oder TV bleiben erhalten,
gerinnen aber nie zu eigentlichen Formungen. Trotzdem sind
die Bilder beileibe nicht unklar. Eine Lieblingswendung der
Künstlerin im Gespräch ist, sie wolle bei einem Bild
immer "durchgucken".
Ihre Lieblingsfrage ist: "Verstehen sie?" Natürlich
verstehen wir, aber... Auf den ersten Blick haben wir es mit
gewohnten, gegenständlich erkennbaren,
sogar abbildhaften Bildern zu tun. Aber diese Bilder werden
bewusst gegen andere gesetzt oder wandeln sich zu anderen.
Standpunkte scheinen sich zu verschieben. Und zwischen zwei
Bildern ist kein Bild, sondern ein Zwischenraum. Und doch ist
alles aufeinander bezogen.
Spangenthals Malerei ist immer gegenständlich, aber nicht
realistisch. Ähnlich den Konzeptionen von Gerhard Richter
oder Eberhard Havekost analysiert sie mit ihren Bildern die
Mechanismen von vorkonstruierten Wirklichkeiten im medialen
Zeitalter hinsichtlich der Möglichkeiten von
Malerei. Und aus dem Vorgegebenen wird etwas kunstvoll Selbstgegebenes.
Es geht nicht um Einzelbilder, sondern um Sehräume, die
auch Denkräume sind. Gesplittete
Sichten wechseln mit ruhigen Einstellungen. A Ihre Kunst will,
dass man sich aufhalten lassen kann, sogar unterhalten, eigenen
Halt finden. Die technischen Medien liefern heutzutage Bilder
einer Welt, bei der laut Brecht " weniger denn
je eine einfache `Wiedergabe der Realität` etwas über
die Realität
aussagt". Bei Regine Spangenthal erkennt der Betrachter
durchaus, "was drauf ist" und
ist trotzdem verunsichert, an welchen Orten oder Unorten er
sich befindet. Bis er erahnt, was für eine fragwürdige
Veranstaltung überhaupt heute das Malen
eines Bildes ist mit seinen Farben oder Unfarben. Aber auch,
was für eine fragwürdige Veranstaltung unsere Welt
ist
|